OT Steinsdorf: Wittigs Gasthaus

Wittigs Gasthaus

Das Gehöft wurde wahrscheinlich um die Jahre 1850 als Wohnhaus mit Fachwerk, einem Stall und Scheune erbaut. Es was ein Bauerngut und mit Schankwirtschaft.
Am 22. Juli 1912 verkaufte der Landwirt und Restaurateur Arno Oswald Vollstädt das Anwesen an die Eheleute Anna Hulda Wittig und Robert Wittig – Ökonom in Anstellung beim Rittergutsbesitzer als Jagdaufseher. Sie führten es als Schankwirtschaftsgewerbe mit Landwirtschaft weiter - „Wittigs Restauration“.
Nach dem ihr Mann im 1. Weltkrieg gefallen war, übergab Anna Wittig es am 15.10.1955 an den Sohn Willy Wittig, der in diesem Jahr am 26.05.1955 seine Frau Agnes geheiratet hatte. Sie hielten Kühe, Schweine, Hühner und Gänse. Vor einen großen Holzwagen wurde jeden Tag der Bulle eingespannt, um das Futter für die Tiere von Feld und Wiese zu holen. Jährlich schlachtete man zuhause ein Schwein zur Selbstversorgung für das ganze Jahr.

Die Landwirtschaft war das eigentliche Einkommen der Familie, der Schankbetrieb der Nebenerwerb am Abend und am Sonntag. Willy schenkte Bier und Limonade aus und seine Frau Anna bereitete einfache Speisen wie Spiegeleier, Bockwurst und Rostbrätl zu. Im Gastraum fanden 25 bis 30 Personen Platz. Bei schönem Wetter konnte man sein Bierchen im Hof unter der alten Linde oder alten Kastanie genießen.
Die Gasthöfe waren in dieser Zeit der Treffpunkt für die Dorfbewohner am Abend. Die Bauern arbeiteten tagsüber auf ihren Feldern und auf dem Heimweg kehrten sie öfters ein kleines Bierchen ein. Danach gingen sie nach Hause und fütterten ihre Tiere. Oft kamen sie auf ein erneutes Bierchen und Schwätzchen am Abend zurück. Die Frauen trafen sich zum „Hutzenabend“. Mund und Hände waren fleißig bei Handarbeiten.
Fernseher gab es nicht in jedem Haushalt, Internet und Handy noch nicht erfunden. Man redet noch miteinander.
Im Haus traf sich jeden Sonntag eine kirchliche Vereinigung in gesonderten Räumen. Für diese wurde durch Gastwirtin regelmäßig gekocht. Laufkundschaft gab es Sonntagmittag nicht.

„Rostbrätl mit Zwiebel“ war Willi´s preiswerte und leckere Spezialität und über die Dorfgrenze hinaus bekannt. Für 1,80 M Rostbrätl und 0,40 M für 0,33 Cola oder 0,25 Bier kamen viele Jugendlichen aus Plauen und Umgebung mit ihren Motorrädern und Mopeds. Oft stand der ganze Hof voller Fahrzeuge. War ein Tank fast leer, füllten sie mit Colaflaschen das Benzin um. Es gab viele lustige Anekdoten.
Eine davon ist die Pfanderhebung auf Flaschenbiere. Willy verkaufte Flaschenbiere ohne Pfand. Findige Käufer gaben diese im nahegelegenen Wirtshaus „Zum Hirschen“ ab. Denn dieser verkaufte seine Getränke mit Pfand. Eine kleine Aufbesserung des Taschengelds.

Durch den hohen Andrang musste montags ein Ruhetag eingelegt werden, um alle Vorbereitung für die kommende Woche zu treffen. Sohn Frank fuhr mit Moped und Hänger zu 5 verschiedenen Fleischereien nach Plauen um, ausreichend Schweinekamm zu holen.

Im Dezember 1981 stelle der Wirt den Gaststättenbetrieb aus Altersgründen ein. In diesem Jahr wurde alles an den Sohn Frank Wittig überschrieben. Ab 1991 eröffnete die Ehefrau einen Friseursalon in der ehemaligen Wirtsstube.

Rezept für die legendären Rostbrätl:

  • dünne Scheiben (so dünn wie Brotscheiben) aus Schweinekamm, etwas klopfen
  • mit Salz, Pfeffer und edelsüßem Paprika würzen
  • in Semmelbrösel wenden und für zwei Tage übereinander schichten, ziehen lassen
  • kurz braten und genießen
  • Zwiebeln in Butter glasig dünsten, nicht braten
Sachsens Dörfer
Familienurlaub in Sachsen
Vogtlandkreis
Stadt Plauen
Talsperre Pöhl